Barrierefreiheit weltweit noch keine Selbstverständlichkeit (Aerzteblatt.de) 

Menschen mit Einschränkungen
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, ganz rechts hinten, auf der Bühne), spricht bei der Eröffnung des Weltgipfels für Menschen mit Behinderungen. Beim Global Disability Summit werden rund 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus aller Welt erwartet. /picture alliance, Michael Kappeler 

Berlin – Trotz vieler Bemühungen ist Barrierefreiheit noch immer keine Selbstverständlichkeit, weder in Deutschland noch in anderen Teilen der Welt. Darauf machte Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) heute beim Auftakt des dritten Weltgipfels für Menschen mit Behinderungen (Global Disability Summit) in Berlin aufmerksam. 

Übersetzer, Gebärdensprachendolmetscher, Rollstuhlrampen, Wassernäpfe für die Assistenzhunde und weitere Unterstützungen, die Barrierefreiheit förderten, trügen beim Global Disability Summit dazu bei, dass alle Beteiligten den Themen folgen könnten. Dies sei sehr fortschrittlich, beschreibe jedoch auch das Problem: Dass ein komplett barrierefreier Gipfel noch nicht die Regel sei. 

Zwar hätten 192 Länder die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen unterzeichnet, auch Deutschland. Trotzdem sei die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in keinem Land der Welt zu 100 Prozent umgesetzt: „Kein Land der Welt ist komplett barrierefrei“, sagte Schulze. 

„Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“, betonte auch der geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Eröffnung des Weltgipfels. Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sei nicht nur ein Akt von Menschlichkeit, sondern auch von wirtschaftlichem Interesse sowie politischer Pflicht. Gerade in einer Zeit, in der Vielfalt und Teilhabe aller in vielen Ländern wieder infrage gestellt werde. „Wir sind hier, um klar zu sagen, dass wir dies nicht zulassen werden“, sagte er. 

Entwicklungsministerin Schulze forderte weitere Anstrengungen, um für Menschen mit Behinderungen mehr Barrierefreiheit zu erreichen. 1,3 Milliarden Menschen und damit mehr als 15 Prozent der Weltbevölkerung leben, der SPD-Politikerin zufolge, mit einer Behinderung. Viele von ihnen seien täglich mit Hindernissen und Nachteilen konfrontiert. Sie müssten besser in Gesellschaft und Berufsleben eingebunden werden. 

„Fehlende Inklusion dieser Menschen bedeutet auch, dass Gesellschaften etwas verloren geht – Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zufolge bis zu sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts eines Landes“, sagte Schulze. 

Die am Weltgipfel teilnehmenden internationalen Regierungen und Organisationen sind nun dazu aufgefordert, gut funktionierende Projekte aus ihren Ländern vorzustellen und konkrete Vorschläge und Zusagen einzubringen. Dazu können Schulze zufolge kleine Einzelmaßnahmen, aber auch größere Systemveränderungen gehören. 

Bundesregierung macht Zusagen 

Die Bundesregierung bringt insgesamt 30 Zusagen ein, um das Leben von Menschen mit Behinderungen zu erleichtern. Dem Bundesentwicklungsministerium (BMZ) zufolge betreffen sie vor allem Deutschland, aber auch die internationale Zusammenarbeit. 

So will das Bundesfamilienministerium etwa die Prävention und den Schutz vor Gewalt in der häuslichen Pflege verbessern, das Bundesverkehrsministerium entwickelt eine App, die Menschen mit Behinderungen die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs erleichtern soll, erläuterte die Entwicklungsministerin. 

Das BMZ ermöglicht der jordanischen Regierung, die in diesem Jahr Ko-Gastgeber des Weltgipfels ist, die Förderung inklusiver Bildung für Kinder mit Behinderungen, indem Schulden in Höhe von fünf Millionen Euro nicht an Deutschland zurückgezahlt werden müssen, sondern gezielt in Inklusionsprojekte investiert werden können. 

In weiteren Projekten des BMZ sollen Städte barrierefreier gestaltet und Frühwarnsysteme entwickelt werden, damit in Katastrophenfällen auch Menschen mit Einschränkungen rechtzeitig erreicht und evakuiert werden können. 

„Die gute Nachricht ist: Es gibt bereits viele Erfahrungen und Ideen für mehr Inklusion und Barrierefreiheit, von denen wir und andere lernen können. Sie sind aber oft noch nicht bekannt genug“, sagte Schulze. „Dieser Gipfel kann dabei helfen, gute Ideen zu verbreiten und die Welt so Schritt für Schritt inklusiver zu machen“. 

Neben den Selbstverpflichtungen, die die Barrierefreiheit fördern sollen, soll morgen auch die Amman-Berlin-Erklärung verabschiedet werden. „Damit verpflichten sich die Staaten und Organisationen dazu, dass mindestens 15 Prozent ihrer entwicklungspolitischen Projekte die Inklusion der weltweit mehr als 15 Prozent Menschen mit Behinderungen fördern sollen“, erläuterte Schulze. 

Darauf ging auch Scholz in seiner Rede ein. Er kündigte an, dass Deutschland und Jordanien sich dafür einsetzen wollen, dass mindestens 15 Prozent der Mittel für Entwicklungshilfe die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen als Ziel haben sollen. 

Scholz bezeichnete Jordanien als Vorreiter für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Der jordanische König Abdullah II., der ebenfalls bei dem Gipfel vertreten war, erklärte, es sei wichtig zu bedenken, dass jeder Mensch Potenzial habe. Jordanien habe schon sehr früh damit begonnen, entsprechende Gesetze und weitreichende Strategien zu etablieren. 

Zugleich sagte der König, dass Behinderungen auch Folge von Konflikten sein könnten. Der Gazastreifen sei ein schmerzliches Beispiel dafür: Dort gebe es schon jetzt weltweit die höchste Rate von Kindern mit Amputationen. Er begrüßte Hilfe in der Region etwa durch mobile Kliniken. 

Menschen mit Behinderungen haben geringere Lebenserwartung 

Vorgestellt wird morgen auch der vom Entwicklungsministerium in Auftrag gegebene „Global Disability Inclusion Report“. Erstmals wurden dabei weltweit Daten zur Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen erhoben. 

Menschen mit Behinderungen haben demnach im weltweiten Durchschnitt eine um 14 Jahre geringere Lebenserwartung als Menschen ohne Behinderungen. In den ärmsten Ländern beträgt die Schere bei der Lebenserwartung der Untersuchung zufolge 23 Jahre, während der Abstand in den reichsten Ländern noch bei zehn Jahren liegt. 

Auch beim Zugang zu Therapien und Hilfsmitteln gibt es demnach erhebliche Unterschiede. Während in den reichsten Ländern 88 Prozent der Menschen mit Behinderung die erforderlichen Hilfsmittel wie Prothesen, Rollstühle oder Hörgeräte erhielten, seien es in den ärmsten Ländern nur elf Prozent. 

Zudem bestehe ein starkes Gefälle beim medizinischen Personal. Während beispielsweise in den reichsten Ländern auf eine Million Einwohner mehr als 900 Physiotherapeuten kommen, sind es in ärmeren Ländern weniger als 30. Bei den Logopäden sieht die Verteilung ähnlich aus: In den USA und Australien gibt es jeweils mehr als 300 Sprachtherapeuten pro einer Million Einwohner, in manchen Ländern Afrikas keinen Einzigen. 

Vertreten sind auf dem Global Disability Summit mehr als 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus rund 100 Ländern, mit und ohne Einschränkungen. Ziel der zweitägigen Konferenz ist es, konkrete Fortschritte bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf den Weg zu bringen. 

Gastgeber des Gipfels sind Deutschland, vertreten durch das BMZ, das Haschemitische Königreich Jordanien sowie der Welt-Dachverband der Selbstvertretungsorganisationen von Menschen mit Behinderungen. Zuvor hatte der Gipfel 2018 und 2022 stattgefunden. 

07.04.2025 

Referenz:  
https://www.aerzteblatt.de/news/chronische-schmerzpatienten-leiden-auch-an-depressionen-oder-angststorungen-6db5dfa0-f318-4264-8d3e-fb8f771bc81d

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