Baltimore – Knapp ein Viertel der Erwachsenen hat chronische Schmerzen – also solche, die mehr als 3 Monate andauern. Dass circa 40 % von ihnen auch eine klinisch signifikante Depression oder Angststörung haben, berichten Forschende um Rachel V. Aaron, Johns Hopkins University School of Medicine, Baltimore (JAMA Network Open 2025; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2025.0268 ).
Die Ergebnisse deuten zudem darauf hin, dass Frauen, jüngere Menschen und Personen mit noziplastischen Schmerzen ein erhöhtes Risiko für Depressionen und Ängstlichkeit haben.
Das gleichzeitige Auftreten von chronischen Schmerzen mit Depressionen und Angststörungen stelle ein bedeutendes Problem für die öffentliche Gesundheit dar, so die Autoren. Es brauche daher ein routinemäßiges Screening, einen gerechten Zugang zu Spezialbehandlungen und die Entwicklung innovativer Therapieansätze.
„Es überrascht nicht, dass Menschen mit chronischen Schmerzen häufig unter Depressionen und Angststörungen leiden“, wird Debbie Bean, Centre for Person Centred Research, Auckland, zitiert. Das Leben mit chronischen Schmerzen beeinträchtige viele Aspekte des Lebens, was alltägliche Aufgaben, soziale Beziehungen und Arbeit erschwere.
„Menschen mit chronischen Schmerzen können zudem Stigmatisierung erfahren, wenn andere ihre Schmerzen nicht ernst nehmen oder sie sich sogar unverstanden oder verurteilt fühlen“, so Bean weiter.
Es sei also nicht nur der Schmerz selbst, sondern auch seine Auswirkungen auf das Leben, die dazu führen können, dass chronische Schmerzen sowohl Angststörungen als auch Depressionen auslösen. Bean: „Darüber hinaus beeinflussen Depressionen und Angststörungen die Reaktion des Nervensystems auf schmerzhafte Erfahrungen, wodurch ein Teufelskreis entstehen kann.“
Prävalenz unterscheidet sich je nach Schmerzart
Die neue Analyse basierte auf einer Literaturrecherche, die 376 Studien aus 50 Ländern zur Prävalenz von Depression oder Ängstlichkeit bei 347.468 Erwachsenen mit chronischen Schmerzen umfasste. Chronische Kopfschmerzerkrankungen waren ausgeschlossen.
39,3 % zeigten klinische Symptome einer Depression und 40,2 % klinische Symptome einer Angststörung. 36,7 % hatten dabei eine Major Depression und 16,7 % eine generalisierte Angststörung. In der Gruppe der 160.564 Kontrollpersonen ohne chronische Schmerzen betrugen die Prävalenzen von Depression und Angststörung 13,9 % und 16,4 %.
Die Prävalenz variierte je nach Schmerzart: Am höchsten war sie bei Personen mit Fibromyalgie (Depression: 54,0 %; Angststörung: 55,5 %) und am niedrigsten bei Menschen mit Arthritis (z.B. Osteoarthritis: Depression: 29,1 %; Angststörung: 17,5 %).
Am häufigsten litten Jüngere (Depression und Angststörung: β jeweils −0,02) und Frauen (Depression: β = 0,69; Angststörung: β = 0,90) unter psychischen Problemen.
Obwohl die interdisziplinäre Schmerztherapie, einschließlich der Integration von Fachkräften für psychische Gesundheit, weiterhin der Goldstandard für die Behandlung chronischer Schmerzen ist, haben die meisten Patienten dazu keinen Zugang, bemängeln die Forschenden. Auf Systemebene bräuchte es eine breitere interdisziplinäre Versorgung.
Dem stimmt auch David Rice, Auckland University of Technology, zu. Wie er betont, unterstreiche die aktuelle Studie die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Behandlungsansatzes. „Es ist von großer Bedeutung, dass Gesundheitsfachkräfte den gesamten Menschen und nicht nur die Schmerzerkrankung beurteilen und behandeln“ wird er zitiert.
Das bedeute, dass ein systematisches Screening auf Depressionen und Angststörungen sowie die angemessene Überweisung an Fachkräfte für psychische Gesundheit ein routinemäßiger Bestandteil der Versorgung von Menschen mit chronischen Schmerzen sein sollten.
Son
10.04.2025
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