Defizite beim Zusammenwirken von Haus- und Fachärzten (aerztezeitung.de)

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(c) bluedesign / Fotolia 

Der Gesundheitsreport der AOK Rheinland/Hamburg hat die Behandlungskontinuität zwischen fach- und hausärztlicher Versorgung untersucht – mit gemischten Resultaten. 

Eine Datenanalyse der AOK Rheinland/Hamburg zeigt Brüche in der Weiterbehandlung von chronisch Kranken. Manche bleiben zu lange bei Fachärzten, viele werde nach der Diagnose gar nicht weiterbehandelt. 

Düsseldorf. Nach einer Erstdiagnose oder einer neuen Arzneimittelverordnung von Fachärztinnen und Fachärzten läuft es bei der hausärztlichen Weiterbehandlung von Patientinnen und Patienten zurzeit nicht rund. Das zeigt der Gesundheitsreport 2025 der AOK Rheinland/Hamburg. „Das Zusammenspiel von Hausärzten und Fachärzten lässt sich optimieren“, sagt Matthias Mohrmann, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kasse, im Gespräch mit der Ärzte Zeitung. 

In dem Gesundheitsreport hat die AOK Rheinland/Hamburg erstmals den Schwerpunkt auf die integrierte Versorgung gelegt, verstanden als „Behandlungskontinuität zwischen fach- und hausärztlicher Versorgung“. Der Bericht basiert auf den Routinedaten der Kasse. 

Mit ihnen will sie prüfen, ob es bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen am Übergang zwischen Fachärzten und Hausärzten zu Therapiebrüchen und Informationsverlusten kommt. „Dabei geht es uns nicht um Vorwürfe oder Schuldzuweisungen, sondern wir wollen die Situation beschreiben“, betont Mohrmann. 

Die Fachärzte sollten sich auf die schwereren Fälle konzentrieren 

Die Daten zeigen, dass Patientinnen und Patienten zum Teil bei Fachärzten in Behandlung bleiben, obwohl sie nicht schwer erkrankt sind und die medizinischen Leitlinien eine hausärztliche Weiterbehandlung vorsehen. „Damit werden Termine blockiert, die wir eigentlich dringend brauchen“, sagt Mohrmann.

Es geht uns nicht um Vorwürfe oder Schuldzuweisungen, sondern wir wollen die Situation beschreiben. 
Matthias Mohrmann, stellvertretender Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Hamburg. 
(c)  Juergen Schulzki Fotografie, AOK Rheinland-Hamburg 

Würden die Patienten hausärztlich versorgt, hätten die Fachärztinnen und Fachärzte mehr Zeit für die schwerer Erkrankten. Damit dies möglich ist, brauchen auch die Hausärzte Entlastung. „Wir müssen die vorhandenen ärztlichen Kapazitäten stärken und auf die Behandlungsnotwendigkeiten konzentrieren“, sagt er. Das spreche für eine Steuerung der Versorgung. 

Das Vorgehen der Datenanalysten: Wenn Fachärzte im Krankenhaus oder in der Praxis einen neuen Befund erstellt oder ein neues Arzneimittel für die Behandlung einer chronischen Erkrankung verordnet haben, haben sie geprüft, ob die Versicherten in den folgenden 180 Tagen beim Hausarzt weiterbehandelt worden sind. Dabei wurden verschiedene Indikationen in den Blick genommen. 

18 Prozent der Patienten mit der Erstdiagnose Neuropathie werden hausärztlich weiterbehandelt. 

Laut der Auswertung werden nach der fachärztlichen Erstdiagnose Diabetes 66 Prozent der Patientinnen und Patienten in einer Hausarztpraxis weiterbehandelt. Bei den Diagnosen Neuropathie und chronische Nierenkrankheit sind es jeweils nur 18 Prozent. Haben der Facharzt oder die Fachärztin erstmals ein Arzneimittel gegen Herzerkrankungen verordnet, erfolgt in 73 Prozent der Fälle eine hausärztliche Weiterbehandlung, bei Diabetes sind es 72 Prozent, bei Neuropathie 19 Prozent und bei Depression gerade einmal 12 Prozent. 

„Die Raten sind zum Teil erschreckend niedrig“, sagt Dr. Volquart Stoy, Referent für Versorgungsanalysen im Gesundheitsmanagement der AOK Rheinland/Hamburg. In einem Teil der Fälle bleiben die Patienten in fachärztlicher Behandlung beim Facharzt. Aber: „Wir haben eine hohe Rate von Menschen, die überhaupt nicht weiterversorgt werden.“ 

Die Analysen verdeutlichen, welche Faktoren Einfluss darauf haben, ob Patientinnen und Patienten weiterbehandelt werden. Einige Ergebnisse: 

  • Je schwerer die Erkrankung ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, hausärztlich behandelt zu werden. 
  • Die Behandlung oder Weiterbehandlung bei Fachärzten erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Hausärzte in die Versorgung einsteigen. 
  • Jüngere Patienten werden häufiger hausärztlich weiterbehandelt als ältere. 
  • In der Klinik erkannte Erkrankungen werden seltener hausärztlich behandelt als Erstdiagnosen aus der Facharztpraxis. 
  • Hatte der Hausarzt oder die Hausärztin den Besuch in der Facharztpraxis initiiert, ist die hausärztliche Weiterbehandlung wahrscheinlicher. 
  • Bei einigen Krankheitsbildern werden Männer häufiger weiterbehandelt als Frauen und Nicht-Pflegebedürftige häufiger als Pflegebedürftige. 

Es könne durchaus Gründe für die fehlende Weiterbehandlung geben, sagt Stoy. Möglich ist, dass es sich um fachärztliche Diagnosen handelt, die keine unmittelbare klinische Relevanz haben, oder dass die Hausärzte die Erkrankung als nicht behandlungsbedürftig einstufen oder den Diagnosen nicht trauen. Eine unvollständige Kodierung kann ebenfalls eine Rolle spielen. 

Für Stoy ist klar, dass der fehlende Informationsfluss zwischen Fach- und Hausärzten ein wichtiger Faktor ist. „Hier kann man ansetzen, um Fehlerquellen zu korrigieren.“ Neben der verstärkten Nutzung digitaler Instrumente setzt er vor allem auf die strukturierte Zusammenarbeit der Akteure, wie sie in manchen regionalen Modellen schon gut funktioniert. 

Die aufgezeigten Trends zeigen, wo Verbesserungspotenziale liegen, sagt AOK-Vize Mohrmann. Er sieht Handlungsbedarf angesichts der Hinweise, dass viele Patientinnen und Patienten in frühen Erkrankungsstadien offenbar unbehandelt bleiben. „Wir schicken die Versicherten alle drei Jahre zum Check-up, damit Krankheiten früh erkannt werden, und dann gibt es eine Diagnose – die Patienten werden aber nicht behandelt.“ 

Die AOK Rheinland/Hamburg möchte eine Diskussion anstoßen 

Die Analyse belegt seiner Ansicht nach, dass sich die Probleme im Gesundheitswesen nicht allein mit einem Primärarztsystem lösen lassen. Ohnehin wäre es seiner Meinung nach viel sinnvoller, von einem Primärversorgungssystem zu sprechen. Es gehe nicht nur um die Ärzte, sondern auch die komplementären Strukturen. 

Das Potenzial der reinen Zugangssteuerung sollte nicht überschätzt werden, findet Stoy. So ist der Anteil der Versicherten, die einmalig ohne Überweisung zum Facharzt gehen oder mehr als eine Praxis aufsuchen, eher überschaubar, berichtet er. Zusammen seien es je nach Indikation 15 bis 20 Prozent. Deshalb sind andere Ansätze gefragt. „Wir sollten über das Rollenverständnis von Hausärzten und Fachärzten und über die Aufgabenverteilung sprechen.“ 

Aufbauend auf den Resultaten der Auswertungen möchte die AOK Rheinland/Hamburg eine Diskussion anstoßen und zusammen mit den Akteuren nach möglichen Lösungen diskutieren. „Es geht um die Frage, wie wir mit den Mitteln, die wir haben, das System effektiver und effizienter gestalten können“, sagt Mohrmann. „Wir haben keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um nordrheinische Besonderheiten handelt.“ 

31.05.2025 

Referenz:  
https://www.aerztezeitung.de/Politik/Defizite-beim-Zusammenwirken-von-Haus-und-Fachaerzten-458611.html?utm_term=2025-05-26&utm_source=2025-05-26-AEZ_NL_DAS-WAR-DER-TAG&utm_medium=email&tid=TIDP3982412XB57C1E3C8DD24D3EBB4028177A1FB14FYI4&utm_campaign=AEZ_NL_DAS-WAR-DER-TAG

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