USA lassen erstmals seit Jahrzehnten Schmerzmittel mit neuer Wirkweise zu (aerzteblatt.de)

USA lassen erstmals seit Jahrzehnten Schmerzmittel mit neuer Wirkweise zu (aerzteblatt.de)

Behälter für Journavx
(c) picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Uncredited

Silver Spring – Erstmals seit mehr als 2 Jahrzehnten hat ein Schmerzmittel aus einer neuen Wirkstoffklasse in den USA eine Zulassungerhalten. Die US-Arzneimittelbehörde FDA ließ das Mittel Suzetrigin (Handelsname: Journavx; Hersteller: Vertex) gegen moderate bis starke akute Schmerzen bei Erwachsenen zu, wie es in einer Mitteilung hieß. Suzetrigin ist vor allem auch als mögliche Alternative zu opioiden Schmerzmitteln im Gespräch.

Das Medikament lindere Schmerzen, indem es auf einen Schmerzsignalweg im peripheren Nervensystem abziele, bevor die Schmerzsignale das Gehirn erreichten, schrieb die FDA. Die Wirksamkeit von Suzetrigin sei in zwei ran­domisierten, doppelblinden, placebo- und aktiv-kontrollierten Studien zu akuten chirurgischen Schmerzen unter­sucht worden.

„Wir warten seit Jahren darauf, dass eine neue Klasse von Schmerzmitteln kommt“, sagte Claudia Sommer, Leiten­de Oberärztin der Neurologische Klinik und Poliklinik des Uniklinikums Würzburg, dem Deutschen Ärzteblatt. Die sogenannten selektiven Na-Kanalinhibitoren seien seit Jahren erforscht worden, bisher sei aber noch keines der Präparate marktreif gewesen.

Einzigartige Wirkweise

Suzetrigin blockiert sehr spezifisch den spannungsabhängigen Natriumkanal 1.8 (Nav1.8), der vor allem auf nozi­zeptiven Nervenfasern im peripheren Nervensystem vorhanden ist. „Somit werden unerwünschte Wirkungen am Zentralnervensystem vermieden“, erklärte Sommer.

„Wir kennen bisher unspezifische Natriumkanalblocker wie Carbamazepin, das früher mangels Alternativen in der Behandlung von neuropathischen Schmerzen verwendet wurde, und das heute noch Mittel der ersten Wahl bei der Trigeminusneuralgie ist“, sagte Sommer, die zwischenzeitlich Präsidentin der Deutschen Schmerzgesellschaft war. Diese unspezifischen Natriumkanalblocker wirkten aber auch an Natriumkanälen beispielsweise am Herzen oder im zentralen Nervensystem, was zu unerwünschten Wirkungen und Kontraindikationen führen könne.

Sommer betont, dass bislang noch nicht die kompletten Studiendaten zu Suzetrigin publiziert sind. „Die beiden Studien, die bei der FDA zur Zulassung geführt haben, wurden mit Patienten mit postoperativen Schmerzen durchgeführt, und zwar im Vergleich mit einer Kombinationstherapie aus Hydrocodon und Paracetamol oder mit Placebo.“ Hierbei sei Suzetrigin besser als Placebo und gleich gut beziehungsweise geringgradig weniger wirk­sam als das Standardmittel gewesen.

Eine der Zulassungsstudien bezog sich auf Patientinnen und Patienten nach einer Bauchdeckenstraffung, die andere auf Bunionektomie (Ballenzehkorrektur). Die häufigsten Nebenwirkungen seien Juckreiz, Muskelkrämpfe, erhöhte Kreatinphosphokinase-Werte im Blut und Hautausschlag gewesen, teilte die FDA mit. Insgesamt sei Suze­trigin aber „extrem gut verträglich“, zitiert Nature die US-amerikanische Schmerzforscherin Jessica Oswald von der University of California.

Kampf gegen Opioid-Krise

Die FDA unterstützt die Entwicklung von nicht opioiden Schmerzmitteln, auch um der Opioidkrise in den USA Herr zu werden. Opioide sind beispielsweise nach Operationen oder bei der Krebsbehandlung nahezu unver­zichtbar. Gleichzeitig bergen sie, insbesondere bei missbräuchlicher Anwendung, das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen und haben ein hohes Suchpotenzial.

Inwiefern Suzetrigin Opioide zumindest zum Teil verdrängen kann, dürfte auch vom Preis abhängen. Laut Nature hat Vertex in den USA einen Großhandelspreis von 15,50 US-Dollar pro Pille festgelegt. Das sei zwar deutlich mehr als der Preis von Opioid-Generika. Allerdings könnte Suzetrigin durchaus kosteneffektiv sein, wenn man die Folgekosten von Opioid-Sucht mit einbezieht.

„Die heutige Zulassung ist ein wichtiger Meilenstein für die öffentliche Gesundheit im Bereich der akuten Schmerz­therapie“, sagte Jacqueline Corrigan-Curay, amtierende Direktorin des Zentrums für Arzneimittelevalu­ierung und -forschung der FDA, laut Mitteilung.

Keine zeitnahe Zulassung in Europa geplant

Möchte der Hersteller auch bald eine Zulassung für Europa beantragen? Darauf antwortet Vertex auf Anfrage des Deutschen Ärzteblatts: „Unsere erste Priorität bei Suzetrigin liegt in den USA. Wir werden Sie entsprechend infor­mieren, wenn wir Möglichkeiten zur Expansion über den derzeitigen Schwerpunkt hinaus prüfen.“

Sommer erwartet, dass die nun erfolgte Zulassung durch die FDA die Entwicklung ähnlicher Substanzen voran­bringen dürfte. „Auch Substanzen mit anderen Wirkmechanismen werden derzeit untersucht, so dass auch hier in den nächsten Jahren Neuerungen zu erwarten sind.“ © fri/aerzteblatt.de

18.02.2025

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Referenz:

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/157123/USA-lassen-erstmals-seit-Jahrzehnten-Schmerzmittel-mit-neuer-Wirkweise-zu?rt=24feac122e0d3f25989f97b89ca1b22a

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