Das bringt die elektronische Ersatzbescheinigung den Praxen (aerzteblatt.de) 

13.07.2025, 04:05 Uhr 

Arzthelferin  mit einer langen Warteschlange voll kranker Patienten
Großer Andrang am Quartalsanfang? Mit der Ersatzbescheinigung könnten sich vor allem Menschen mit chronischen Erkrankungen den Weg in die Praxis sparen. (c) Picture-Factory / stock.adobe.com 

Die elektronische Ersatzbescheinigung ist das neueste digitale Tool in der Arztpraxis. Patienten müssen seit Anfang Juli nicht mehr die Gesundheitskarte stecken. Was das für Praxen bedeutet, hat Hausarzt Dr. Matthias Hempel getestet – er ist begeistert. 

Berlin. Anfang Juli haben die Praxen mit der elektronischen Ersatzbescheinigung (eEB) ein neues digitales Instrument an die Hand bekommen: Seitdem sind die Krankenkassen nämlich verpflichtet, ihren Versicherten eine Funktion in der jeweiligen Kassen-App zur Verfügung zu stellen, mit der diese eine eEB an Praxen schicken lassen können. Umgekehrt haben die PVS-Hersteller das Verfahren zu ermöglichen. 

Das Potenzial der eEB wird oft noch unterschätzt. Das liegt vermutlich daran, dass sich die offizielle Beschreibung für ihren Einsatzbereich auf die vergessene oder kaputte Gesundheitskarte fokussierte. 

Potenzial noch nicht erkannt 

Patienten, so schrieb beispielsweise die KBV, könnten die elektronische Ersatzbescheinigung nutzen, „wenn die elektronische Gesundheitskarte (eGK) nicht eingelesen werden kann, weil beispielsweise der Patient sie vergessen hat oder sie defekt ist“. 

Kein Wunder also, dass nicht alle Praxen über die eEB schon in Euphorie ausgebrochen sind. „Unsere Patienten haben zu 99,5 Prozent ihre Karte mit, und wenn die Karte vergessen wurde, wird diese in kurzer Zeit nachgereicht. In meinen Augen ist diese Anwendung uninteressant“, sagte eine Praxisinhaberin der Ärzte Zeitung, als sie zum potenziellen Nutzen der Ersatzbescheinigung befragt wurde. 

Uninteressant? Das sieht Dr. Matthias Hempel, hausärztlicher Internist in Detmold, ganz anders. Als Betatester des PVS-Anbieters medatixx konnte er schon vor Juli die elektronische Ersatzbescheinigung ausprobieren. 

„Massive Erleichterung und Entlastung“ 

Als ich das zum ersten Mal im Einsatz gesehen habe, war ich vor Begeisterung nicht mehr zu halten“, erzählt Hempel. 

Der Grund: Wenn alles funktioniert, dann bedeutete die eEB eine „massive Erleichterung und Entlastung – für die meisten Praxen und Patienten!“, so Hempel. 

Die Rechnung, die er aufmacht, ist simpel: Jeder Patient, jede Patientin, der oder die nicht mehr in die Praxis kommen muss, nur um für Video- oder Telefonsprechstunde und Folge-eRezept und Folge-AU die Gesundheitskarte zu stecken, lässt den MFA Zeit für Wichtigeres – und spart dazu noch unnötige Fahrerei, Parkplatzsuche und CO2-Emmissionen. 

So kommen Praxen an die eEB 

Um die elektronische Ersatzbescheinigung zu erhalten, stehen Praxen zwei Wege offen. 

  • Erste Möglichkeit: Die Patienten fordern die eEB über ihre Versichertenapp bei der Krankenkasse an. Das scheitert jedoch meist daran, dass keine App genutzt wird von den Versicherten – oder eine entsprechende Funktion in der App noch gar nicht vorhanden ist, obwohl die Kassen diese zum 1. Juli hätten bereitstellen müssen. 
  • Zweite Möglichkeit: Die Praxis übernimmt die Anfrage für die Patienten bei der Kasse. Dann benötigen sie aber deren Einwilligung, die am besten zu dokumentieren ist. Diese Möglichkeit ist im Vergleich zur App der einfachste Weg, setzt aber voraus, dass die PVS-Hersteller schon die Abfrage in das System eingearbeitet haben. 

Schon am 1. Juli, als die eEB offiziell verpflichtend wurde, liefen in der hausärztlich-internistischen Gemeinschaftspraxis in Detmold 15 elektronische Ersatzbescheinigungen ins Postfach ein. 

Lange Schlangen am Quartalsanfang 

Das bedeutet konkret: 15 Patientinnen und Patienten mussten bei 35 °C nicht in die Innenstadt fahren – weder mit dem Bus noch mit dem Auto. Sie mussten keinen Parkplatz suchen und auch nicht im nicht klimatisierten Treppenhaus in der Warteschlange stehen“, kommentierte Hempel auf LinkedIn. 

Immer am Quartalsanfang erlebt die Haleo-Praxis, die mit bald neun Ärzten arbeitet und 7.000 Menschen im Vierteljahr versorgt, bisher Folgendes: Weil sich Patienten vor allem für Folgerezepte und Folge-AU durch das Stecken der eGK „einchecken“ wollen, bildet sich vor der Praxis eine Schlange, die über volle zwei Stockwerke reicht. 

Unzumutbare Verhältnisse seien das, sagt Dr. Matthias Hempel. „Die meisten Patienten sind ja nicht gesund. Für sie ist das eine Zumutung, wenn sie anstehen müssen, um eine Plastikkarte in einen Schlitz zu stecken.“ Umgekehrt seien die drei MFA, die am Empfangstresen arbeiten und hochausgebildet seien, in dieser Zeit hauptsächlich damit beschäftigt, die eGK in das Kartenterminal zu schieben. 

Patienten können sich Wege sparen 

Die elektronische Ersatzbescheinigung könnte helfen, den „Traffic“ in der Praxis erheblich zu reduzieren. 200 bis 300 Rezepte stelle die Praxis pro Tag aus. „Die meisten davon, sicher 80 bis 90 Prozent, sind Folgerezepte“, so Hempel. 

Bekäme die Praxis für diese Verordnungen die eEB, könnten die eRezepte ausgestellt werden, ohne dass Patienten in die Praxis müssen. „So könnte Ruhe einkehren. Das wäre ein Wunschtraum.“ 

Zwei Wege gibt es für Praxen, um eine eEB zu bekommen: Entweder die Patienten fordern sie über ihre Kassen-App an. Oder die Praxen rufen sie, mit Einwilligung der Versicherten, bei der Krankenkasse ab. 

Da laut Hempel die wenigsten Patienten eine App haben, sei die zweite Variante „der Königsweg“ für die Praxen. „Das ist hochelegant, wenn wir das für die Patienten machen können“, so Hempel. Zudem funktioniere es ganz schnell: „Ein Knopf gedrückt und schon ist der Patient eingecheckt.“ 

QR-Code auf der Website 

Die Detmolder Gemeinschaftspraxis bewirbt das eEB-Verfahren auf ihrer Website. Dort stellt sie einen QR-Code bereit, über den die Patienten, wenn sie die eEB bei ihrer Krankenkasse anfordern wollen, die Praxis-KIM-Adresse speichern können. 

Für Dr. Matthias Hempel steht fest: Die Möglichkeiten der eEB ungenutzt verstreichen zu lassen, wäre für Patienten und Ärzte „mehr als schade“. 

Bislang allerdings sind auch die Krankenkassen noch in der Bringschuld: Die wenigsten bieten in ihren Service-Apps die eEB bislang an. (juk) 

Regelung im Bundesmantelvertrag 

Die Elektronische Ersatzbescheinigung ist in der Anlage 4a zum Bundesmantelvertrag Ärzte geregelt. Dort steht in Anhang 1 unter Punkt 2.9: 

„Kann der Versicherte bei dem ersten Arzt-Patienten-Kontakt im Quartal keine elektronische Gesundheitskarte vorlegen, kann er ersatzweise einen Nachweis 7 Elektronische Gesundheitskarte (Anlage 4a BMV-Ä) der Berechtigung zum Leistungsanspruch gemäß § 291 Abs. 9 SGB V über die von seiner Krankenkasse angebotene Benutzeroberfläche elektronisch anfordern.“ 

Hierzu stellt die Arztpraxis ihre KIM-Adresse (z. B. über einen QR-Code) zur Verfügung. Die Krankenkasse sendet einen (FHIR-) Datensatz mit den ihr vorliegenden Daten nach § 291a Abs. 2 und 3 SGB V unmittelbar über die sichere Kommunikation im Medizinwesen (KIM) gem. § 311 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 6 SGB V an die Arztpraxis (elektronische Ersatzbescheinigung). 

Das Nähere zum Datensatz der elektronischen Ersatzbescheinigung wird in einer Technischen Anlage vereinbart. Ärzte und Krankenkassen haben die Nutzung der elektronischen Ersatzbescheinigung spätestens ab dem 1. Juli 2025 zu ermöglichen. 

18.07.2025 

Referenz:  
https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Entlastung-fuer-Praxen-und-Patienten-Das-Potenzial-der-elektronischen-Ersatzbescheinigung-459390.html?utm_term=2025-07-13&utm_source=2025-07-13-AEZ_NL_BERUF-ALLTAG&utm_medium=email&tid=TIDP4107856XAFFD557F2CF3484DBE9D54B7E4DAB46CYI4&utm_campaign=AEZ_NL_BERUF-ALLTAG

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