Donnerstag, 21. August 2025

Sydney – Die analgetische Wirkung von niedrig dosiertem Ketamin und anderen NMDA-Antagonisten, die zunehmend zur Behandlung von chronischen Schmerzen eingesetzt werden, ist einer Metaanalyse in der Cochrane Database of Systematic Reviews (2025; DOI: 10.1002/14651858.CD015373.pub2) zufolge unzureichend durch klinische Studien belegt und eine Risiko-Nutzen-Abschätzung deshalb schwer möglich.
Rezeptoren für N-Methyl-D-Aspartat (NMDA) finden sich im Gehirn auf vielen exzitatorischen, also aktivierenden Neuronen, und ihre Blockade hat eine dämpfende Wirkung auf das Gehirn, die sich in vielen Bereichen medizinisch nutzen lässt. NMDA-Antagonisten haben anästhesierende, analgetische, antidepressive und möglicherweise auch neuroprotektive Eigenschaften.
Der NMDA-Antagonist Ketamin wird wegen der guten narkotisierenden und schmerzlindernden Wirkung seit längerem in der Anästhesie eingesetzt. Eine analgetische Wirkung wird auch in einer niedrigen Dosierung erzielt, die keine Bewusstlosigkeit erzeugt. Die Analgesie bleibt zudem über die Dauer der Infusion erhalten.
Häufige Nutzung außerhalb der zugelassenen Indikation
Umfragen aus Südkorea und den Niederlanden zufolge nutzen 60 % bis 70 % der Schmerzkliniken Ketamin. Dies geschieht in der Regel „off label“, weil Ketamin nicht zur Behandlung von chronischen Schmerzen zugelassen ist.
Entsprechend gering war die Zahl der randomisierten klinischen Studien, die der Forschungsgruppe um Michael Ferraro vom Forschungsinstitut Neuroscience Research Australia (NeuRA) in Randwick bei Sydney für die Bewertung zur Verfügung standen.
Ihre systematische Übersicht und Metaanalyse basiert auf 39 Studien, in denen die analgetische Wirkung von Ketamin zumeist mit Placebo verglichen wurde. In weiteren Studien waren andere NMDA-Antagonisten wie Memantin (10 Studien), Dextromethorphan (9 Studien), Amantadin (3 Studien) und Magnesium (8 Studien) getestet worden.
Nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen
An insgesamt 67 Studien hatten gut 2.300 Patientinnen und Patienten teilgenommen. Diese litten unter verschiedenen chronischen Schmerzzuständen einschließlich neuropathischer Schmerzen (etwa bei Diabetes oder nach Herpes Zoster), Fibromyalgie und komplexen regionalen Schmerzsyndromen.
Für keinen der eingesetzten NMDA-Antagonisten konnte eine analgetische Wirkung belegt werden, wobei Ferraro betont, dass dies nicht mit einer Wirkungslosigkeit gleichzusetzen sei. Eine nicht genau belegte Wirkung erschwere allerdings die Nutzen-Risiko-Bilanz bei den einzelnen Patientinnen und Patienten. Diese sei wichtig, weil der Einsatz von NMDA-Antagonisten nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen ist.
Für den intravenösen Einsatz von Ketamin, der häufigsten Behandlungsform, ermitteln Ferraro und sein Team eine deutliche unmittelbare Reduktion der Schmerzen um -15,79 MD (für mittlere Differenz, ein häufiges Effektmaß in Metaanalysen), die allerdings bei einem 95-%-Konfidenzintervall von -32,09 bis 0,51 statistisch nicht signifikant war.
Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass für die quantitative Bewertung nur die Ergebnisse aus 3 Studien mit 173 Teilnehmenden zur Verfügung standen. Die Evidenzsicherheit wurde zudem als sehr gering eingestuft.
Für die kurzfristige Wirkungsdauer ergab die Analyse eine MD von –5,32 [-15,51; 4,87] und für eine mittlere Wirkungsdauer eine MD von -8,70 [-31,05; 13,65]. Auch hier war die Zahl der Studienteilnehmenden niedrig und die Evidenzsicherheit gering.
Noch dürftiger war die Datenlage bei der oralen Behandlung mit Ketamin, die wegen der geringen Resorption im Darm und einem hohen First-Pass-Effekt selten eingesetzt wird. Der First-Pass-Effekt beschreibt, wie ein Medikament bei der ersten Passage durch die Leber nach der Einnahme abgebaut wird, bevor es in den Blutkreislauf gelangt.
Auch eine topische Anwendung (Anm.d.R. örtliche, äußerliche Anwendung ) ist möglich, aber nach den jetzt vorgestellten Daten ebenfalls nicht evidenzbasiert. Auch für die anderen NMDA-Antagonisten konnte die Gruppe um Ferrara keine Wirkung sicher nachweisen.
Abhängigkeit und Entzugserscheinungen
Sicher ist dagegen, dass die Anwendung von Ketamin als Infusion mit Nebenwirkungen verbunden ist. Dazu gehören neben psychotomimetischen Effekten wie Wahnvorstellungen und Delirium auch Übelkeit, Erbrechen und ein vermehrter Speichelfluss.
Ferrara ermittelt eine Risk Ratio von 3,26 [1,05; 10,09] basierend auf 4 Studien mit 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, ebenfalls bei einer geringen Evidenzsicherheit. Hinzu kommt, dass der Einsatz von Ketamin zur Abhängigkeit und nach der Behandlung zu Entzugssymptomen führen kann.
Studien haben die häufige Verwendung von Ketamin mit einer hepatobiliären Toxizität, also Leberschäden, und einer Zystitis in Verbindung gebracht. Aber auch hier fehlen hochwertige Sicherheitsdaten, die eine Abschätzung des Risikos ermöglichen.
Keine Studiendaten fand die Forschungsgruppe zu der Frage, ob Ketamin depressive Symptome oder den Opioidkonsum reduzieren kann. Dies sei bemerkenswert, da Ketamin häufig bei Patientinnen und Patienten mit depressiven Symptomen oder Opioidtoleranz eingesetzt werde.
21.08.2025

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