Ein großer Durchbruch in der Erforschung des komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) steht noch aus. Dennoch wurden in den letzten Jahren wichtige Erkenntnisse gewonnen, die zu einem tieferen Verständnis der Erkrankung führen und möglicherweise neue Therapieansätze ermöglichen könnten.

Die genaue Pathophysiologie von CRPS ist nach wie vor weitgehend unklar. Aktuelle Studien deuten jedoch auf ein Zusammenspiel zwischen psychischen Faktoren, einer fehlerhaften Schmerzverarbeitung und gestörten neuroimmunologischen Prozessen hin, die möglicherweise zu einer neurodegenerativen Endphase führen. Auffälligkeiten, die als potenzielle Biomarker diskutiert werden, konnten unter anderem im Knochenstoffwechsel, in Hautbiopsien und durch genetische Analysen identifiziert werden.
Prof. Heike Rittner und ihr Team von der Schmerzmedizin am Universitätsklinikum Würzburg untersuchten die intraepidermale Nervenfaserdichte (IENFD) an den Händen von gesunden Kontrollpersonen und CRPS-Betroffenen. Dabei wurde auf Grundlage der Werte gesunder Probanden ein Referenzbereich zwischen der 5. und der 95. Perzentile bestimmt. Bei 15 % der CRPS-Patienten lagen die IENFD-Werte auf der betroffenen Seite unterhalb der 5. Perzentile, und in 5 % der Fälle waren sie sogar über der 95. Perzentile – ähnlich wie bei gesunden Personen. Auf der kontralateralen Seite war der IENFD-Wert bei den CRPS-Betroffenen in nur 2 % der Fälle unter der 5. Perzentile, aber in 9 % der Fälle über der 95. Perzentile – häufiger als bei den gesunden Probanden. „Im Durchschnitt war die IENFD bei CRPS auf der betroffenen Seite leicht reduziert, besonders bei Männern und CRPS-Typ II“, berichtete Rittner.
Zusätzlich fanden die Forscher sowohl auf der betroffenen als auch der gesunden Seite eine niedrigere Expression des Ionenkanals Transient Receptor Potential Vanilloid 1 (TRPV1) bei CRPS-Betroffenen im Vergleich zu gesunden Personen. Da der TRPV1-Signalweg über eine Herunterregulierung der Desensibilisierung von μ-Opioidrezeptoren als endogener Schmerzbewältigungsmechanismus wirkt, könnte die verminderte TRPV1-Expression ein Hinweis auf einen neuronalen Degenerationsprozess bei CRPS sein, so Rittner.
Physio- und Ergotherapie als zentrale Therapieansätze
„Nicht-medikamentöse Verfahren bilden die Grundlage der CRPS-Therapie“, betonte Prof. Christian Maihöfner, Chefarzt der Neurologischen Klinik am Klinikum Fürth. Auch wenn laut einer Cochrane-Analyse [Ferraro MC et al. Cochrane Database Syst Rev 2023;6:CD009416] für viele Verfahren bisher nur vorläufige Hinweise auf ihre Wirksamkeit vorliegen, zeigen aktuelle Erhebungen an 163 CRPS-Patienten, dass diese Therapien häufig angewendet werden. Nur 2,5 % der Betroffenen erhielten keine nicht-medikamentöse Behandlung. 96 % wurden mit Physiotherapie oder Ergotherapie behandelt, und 57 % erhielten Lymphdrainagen. Weitere Verfahren wie Auf- oder absteigende Bäder und TENS wurden ebenfalls häufig eingesetzt. Einige andere Methoden, die in der Cochrane-Analyse als potenziell wirksam eingestuft wurden, darunter CO2-Bäder, Akupunktur, Qigong und autogenes Training, werden laut Maihöfner in die überarbeiteten Leitlinien als Behandlungsoptionen aufgenommen [DGN. AWMF-Leitlinie Nr. 030-116].
Medikamentöse Behandlung und neue Erkenntnisse
Laut Prof. Elena Enax-Krumova, Neurologie am BG Universitätsklinikum Bergmannsheil, gab es in den letzten Jahren nur wenige neue Erkenntnisse zur medikamentösen Behandlung von CRPS. Die Schmerztherapie orientiert sich an den aktuellen Leitlinien für neuropathische Schmerzen. Bei entzündlichen Symptomen kommen Bisphosphonate oder Kortikosteroide zum Einsatz.
Wenn die nicht-medikamentösen und medikamentösen Primärtherapien nicht ausreichen, sollte frühzeitig eine umfassende Evaluierung psychischer Begleiterkrankungen erfolgen, und deren Behandlung eingeleitet werden. Falls die Therapie weiterhin nicht anspricht, könnten Ketamin-Infusionen und Nervenblockaden in spezialisierten Zentren in Erwägung gezogen werden [DGN. AWMF-Leitlinie Nr. 030-116].
In einer jüngst durchgeführten Fall-Kontroll-Studie fanden Enax-Krumova und ihre Mitforscher eine Häufung von Migräne und trigeminoautonomen Kopfschmerzen bei CRPS-Patienten. Behandelt man diese Kopfschmerzerkrankungen mit Antikörpern gegen CGRP oder dessen Rezeptor, berichteten die Patienten von positiven Effekten auf die CRPS-Symptome [Wiemann M et al. J Neurol. 2024; 271:1850-60]. Dies könnte auf eine gemeinsame Pathophysiologie von CRPS und diesen Kopfschmerzerkrankungen hinweisen.
Zudem werden derzeit Studien zu Esketamin-Infusionen, Capsaicin 8 %-Pflastern, Cannabisextrakten mit hohem CBD-Gehalt und niedrig dosiertem Naltrexon durchgeführt.
Quellen:
- Deutscher Schmerzkongress, 18.10.2024, Mannheim. Symposium „Update CRPS 2024 – Neues aus Diagnose, Pathophysiologie und Therapie“
21.07.2025

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