Bundessozialgericht: Schwerste Behinderung führt nicht immer zu Pflegegrad 5 (aerztezeitung.de)

Urteil

Bundessozialgericht: Schwerste Behinderung führt nicht immer zu Pflegegrad 5

Ein Kläger mit angeborener Verkürzung der Arme und Beine erhält nicht die höchste Pflegestufe, weil er mittels Hilfsmitteln und angelernten Fähigkeiten den Alltag teils selbstständig bewältigen kann.

Veröffentlicht: 23.02.2024, 12:10 Uhr

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Kassel. Können schwerpflegebedürftige Menschen ihre Behinderung durch Hilfsmittel und erworbene Fähigkeiten teilweise ausgleichen, haben sie keinen Anspruch auf Pflegegeld nach dem höchsten Pflegegrad 5. Dies geht aus einem am Donnerstag verkündeten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel hervor. Danach ist es verfassungsrechtlich zulässig, dass hier der Medizinische Dienst Bund die gesetzlichen Vorgaben mit einer Richtlinie konkretisiert.

Nach den 2017 eingeführten Pflegestufen stehen für die Einstufung nicht mehr körperliche Beeinträchtigungen selbst, sondern deren Auswirkungen für die selbstständige Bewältigung des Alltags. Ab einem Punktwert von 90 von 100 liegt eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung und damit Pflegegrad 5 vor. Den Betroffenen steht dann ein Pflegegeld von derzeit 947 Euro zu.

Schwer pflegebedürftig, aber geistig fit

Der schwer pflegebedürftige, aber geistig fitte Kläger aus Zwickau wurde zuletzt in den Pflegegrad 3 eingestuft, sein Pflegegeld beträgt derzeit 573 Euro monatlich. Er verlangte jedoch von seiner Pflegekasse Pflegegeld nach dem Pflegegrad 5. Er habe eine angeborene Verkürzung der Arme und Beine und könne weder laufen, greifen noch stehen. Nach den Begutachtungs-Richtlinien liege dann eine sogenannte besondere Bedarfskonstellation vor, bei der auch unter 90 Punkten Pflegegrad 5 zuerkannt werden könne. Das Waschen, Zähneputzen, Anziehen oder die Zubereitung von Mahlzeiten sei ihm nur mit einer Pflegeassistenz möglich.

Das BSG wies den Kläger ab. Der Gesetzgeber habe keine allgemeine Härtefall-Öffnung gewollt. Wann eine besondere Bedarfskonstellation mit Pflegegrad 5 vorliege, solle laut Gesetz zunächst der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung und seit 2020 der Medizinische Dienst Bund bestimmen. Dieses Vorgehen sei verfassungsrechtlich zulässig, zumal die Richtlinie des Medizinischen Diensts vom Bundesgesundheitsministerium genehmigt werden müsse.

Inhalt der Richtlinie rechtmäßig und nicht zu eng gefasst

Auch der Inhalt der Richtlinie sei rechtmäßig und nicht zu eng gefasst, so das BSG weiter. Demnach ist Pflegegrad 5 zwar möglich, wenn beide Beine und Arme eines Betroffenen gebrauchsunfähig sind und der Betroffene nicht mehr laufen, greifen und stehen kann. Ein Beispiel dafür seien etwa Wachkomapatienten. Könne der Pflegebedürftige jedoch trotz seiner Beeinträchtigungen mit Hilfsmitteln oder „angeeigneten Kompensationsmechanismen“ Alltagsaktivitäten selbstständig oder teilselbstständig ausführen, komme der Pflegegrad 5 nicht mehr in Betracht.

Dies sei beim Kläger der Fall. So habe die Gutachterin festgestellt, dass keine vollständige Gebrauchsunfähigkeit der Arme und Beine mit vollständigem Verlust der Greif-, Steh- und Lauffähigkeit vorliege. Der Kläger habe teils gelernt, seine Beeinträchtigungen zu kompensieren. (fl/mwo)

Bundessozialgericht, Az.: B 3 P 1/22 R

23.02.2024

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Referenz:

https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/BSG-Schwerste-Behinderung-fuehrt-nicht-immer-zu-Pflegegrad-5-447398.html#:~:text=Kassel.,(BSG)%20in%20Kassel%20hervor.

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