Sozialverband VdK legt Verfassungsbeschwerde gegen Bundessozialgerichtsurteil ein
Der Sozialverband VdK hat Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) eingelegt, die den Druck von Krankenkassen nimmt, innerhalb einer bestimmten Frist notwendige medizinische Leistungen zu genehmigen. Dadurch werden Krankenversicherte mit wenig Geld benachteiligt.
Genehmigungsfiktion
Die sog. „Genehmigungsfiktion“ sah vor, dass eine vom Krankenversicherten beantragte Leistung automatisch als genehmigt galt, wenn die Krankenkasse nach Ablauf einer dreiwöchigen Frist – bei einer erforderlichen gutachterlichen Stellungnahme nach fünf Wochen – nicht über den Antrag entschieden hatte. Die Genehmigungsfiktion sollte langsame Verwaltungsverfahren beschleunigen. Nach Ablauf der Frist konnten Versicherte sich die Leistung selbst beschaffen und die Kosten von der Krankenkasse
erstatten lassen oder als Sachleistung von der Krankenkasse beanspruchen. Das BSG hatte diese Rechtsauslegung allerdings am 26. Mai 2020 mit einem Grundsatzurteil beendet.
Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
„Seit der neuen Rechtsprechung des BSG können sich nur noch wohlhabende Versicherte ein Vorstrecken der sehr hohen Kosten etwa für Hilfsmittel wie Rollstühle leisten. Menschen mit kleineren Einkommen müssen auf solche Hilfsmittel, aber auch auf dringend benötigte Therapien oder Operationen verzichten. Das verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, was wir für verfassungswidrig halten“ kritisiert die VdK-Präsidentin Verena Bentele das BSG-Grundsatzurteil. Mit der geänderten Rechtsprechung kann ein Antrag auf Sachleistung auch nach Ablauf der drei- bzw. fünfwöchigen Frist von der Krankenkasse noch abgelehnt werden. „Das benachteiligt alle Menschen, die nicht genug Geld haben, über einen ungewissen Zeitraum eine große Summe vorzustrecken, ohne zu wissen, ob sie es überhaupt erstattet bekommen “ sagt Bentele. „Studien zeigen sehr deutlich, dass der Gesundheitszustand von Menschen mit wenig Geld schlechter ist. Mit dieser Entscheidung des BSG werden daher wissentlich die Unterschiede zwischen Arm und Reich zementiert, die soziale Spaltung im Land vertieft sich weiter“.
Ärztliche empfohlende Therapie abgelehnt
Im konkreten Fall hatte eine Patientin die Versorgung mit einer ärztlich empfohlenen Kunsttherapie beantragt. Nach Ablauf der Frist lehnte die Krankenkasse diese Leistung ab. Eine Genehmigungsfiktion lag nach Auffassung des Gerichts nicht vor. Nachdem der VdK alle Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit zu diesem Fall angerufen hatte, legte er Verfassungsbeschwerde ein.
Nun ist das Bundesverfassungsgericht am Zug.