Schmerzmedizin
CRPS: Experten streiten über die Therapie des komplexen regionalen Schmerzsyndroms
Autor: Dr. Alexandra Bischoff
Auf die sanfte Tour therapieren oder doch eher hart rannehmen – diese Frage scheidet beim komplexen regionalen Schmerzsyndrom die Geister. Während ein Teil der Kollegen primär auf Schmerzmittel setzt, favorisiert der andere Verfahren, die ordentlich wehtun.
Beim komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS, complex regional pain syndrome) kommt es infolge eines Traumas durch Entzündungsmediatoren zu einer Sensibilisierung der peripheren Nerven, die enorm schmerzhaft sein kann. Da die Schmerzen teilweise bewegungsabhängig sind, schonen die Patienten häufig die betroffene Extremität.
Zusammen mit einer erhöhten Bindegewebsproliferation in der Akutphase führt das Vermeiden von Bewegung relativ schnell dazu, dass die Gelenke an Beweglichkeit verlieren. Zwar wünschen sich die Betroffenen eine Verbesserung der Funktionsfähigkeit bei gleichzeitiger Schmerzreduktion. Aber ist das therapeutisch überhaupt möglich?
Professor Dr. Frank Birklein, Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz und Mitverfasser der aktuellen CRPS-Leitlinie, ist sich sicher, dass die Rehabilitation nicht schmerzfrei gelingen kann. Denn Kontrakturen oder verloren gegangene Bewegungsmuster lassen sich nur über den Gebrauch der betroffenen Extremität verbessern bzw. wiedererlangen, was zwangsläufig zur Schmerzverstärkung führt. Deshalb sollte der therapeutische Fokus statt auf dem Schmerz mehr auf der Angstreduktion liegen.
Neue Behandlungsansätze wie die schmerzexpositionsbasierte Physiotherapie (PEPT*) tun zwar weh, haben aber einen positiven Effekt auf Funktion und Schmerz – wenn die Patienten durchhalten. Die GEXP** als psychologische Intervention vor der Physiotherapie ermöglicht eine kognitive Verbesserung von Funktion und Schmerz.
Es geht womöglich auch schmerzfrei: Im Gegensatz zu ihrem Kollegen sieht Privatdozentin Dr. Janne Gierthmühlen von der Universität Kiel in schmerzhaften Therapien wie der PEPT keinen Vorteil gegenüber konventionellen und deutlich weniger schmerzhaften Verfahren.
„Gute Schmerzbehandlung allein genügt“
Warum also Patienten unnötig quälen, wenn das Ergebnis am Ende dasselbe ist? Die Neurologin ist davon überzeugt, dass eine Verbesserung der Symptomatik sowie der motorischen Funktion allein durch eine gute Schmerzbehandlung möglich ist. Zudem kann der Einsatz von Bisphosphonaten Schmerzen reduzieren und die Mobilität steigern. Ebenfalls einen positiven Effekt auf die betroffene Extremität scheinen schmerzfreie oder zumindest schmerzarme Trainingsprogramme zur maladaptiven Kortex-Reorganisation (z.B. Graded Motor Imagery, Spiegeltherapie) zu haben.
* PEPT: pain exposure physical therapy ** GEXP: graded exposure therapy
Quelle: Birklein F, Gierthmühlen J. Schmerzmedizin 2019; 35: 8-10
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